Elterninformation Armplexuslähmung

Wie kommt es bei der Geburt zu einer Verletzung des Plexus brachialis?

Der Armplexus wird verletzt, wenn er zu starken Zugkräften zwischen Hals und Arm ausgesetzt ist. Typischerweise werden dabei Schulter und Arm nach unten gedrückt, während Kopf und Hals zur Gegenseite gezogen werden. Diese Zugkräfte können ähnlich wie bei einem übermäßig gedehnten Gummiband zu Überdehnungen oder Abrissen der Nervenfasern führen. Es können ein oder mehrere Nerven betroffen sein. Bei sehr schweren Verletzungen können diese Nerven komplett durchtrennt oder sogar aus dem Rückenmark ausgerissen sein.

Die häufigste Ursache einer Verletzung des Plexus brachialis bei Kindern ist ein schwieriger Geburtsvorgang mit lebensbedrohlichem Geburtsstillstand. In vielen Fällen ist dabei das Neugeborene so groß, daß es mit den Schultern im Geburtskanal stecken bleibt (Schulterdystokie). Um das Neugeborene zu gebären, muß dann der Kopf zur entgegengesetzten Seite gezogen werden. Wird der Plexus brachialis dabei durch diese Dehnung verletzt, entsteht sofort eine Armlähmumg.

Was geschieht bei einer Verletzung des Armplexus?

Es gibt verschiedene Schweregrade einer Armplexuslähmung. Zunächst unterscheidet man die Anzahl der Nervenwurzeln die betroffen sind. Von den fünf Nervenwurzeln des Plexus brachialis sind die obersten beiden (C5 und C6) am häufigsten betroffen. Eine Schwäche oder eine komplette Lähmung der Muskeln dieser beiden Nervenwurzeln wird auch als ERB´sche Lähmung bezeichnet. Sie betrifft vor allem die Muskeln der Schulter und des Ellbogens, wobei die Muskeln des Unterarms und der Hand nicht betroffen sind. Bei schwersten Verletzungen die alle fünf Nervenwurzeln betreffen ist der gesamte Arm samt Hand gelähmt.

Zusätzlich wird der Schweregrad der Verletzung der Nervenfasern unterschieden. In den meisten Fällen sind die Nervenfasern nur leicht gedehnt und die Muskelfunktion erholt sich innerhalb weniger Wochen von selbst. Je stärker die Nervenfasern gedehnt wurden und je mehr davon betroffen sind, desto schwächer sind die betroffenen Muskeln und desto länger dauert die Erholung.

Ein Nerv, der zu stark gedehnt wurde oder abgerissen ist, kann sich von selbst nicht mehr erholen, so daß die Muskeln dauerhaft gelähmt bleiben. Unter Umständen können abgerissene Nerven aber chirurgisch behandelt werden. Die Übertragung der elektrischen Informationen kann dann wiederhergestellt werden.

Wie kann man den Schweregrad der Verletzung feststellen?

Mit einer einzigen Untersuchung kann das exakte Ausmaß der Armplexusverletzung nicht festgestellt werden. Daher werden verschiedene Untersuchungen über einen gewissen Zeitraum durchgeführt, um einen besseren Eindruck über das Ausmaß der Schädigung zu bekommen.

Die wichtigste Untersuchung ist die klinische Untersuchung von der Geburt bis zum 6. spätestens 9. Lebensmonat. Die Untersuchungen sollten im Abstand von sechs Wochen durchgeführt werden, wobei jeweils das Ausmaß der von selbst geheilten Funktion beurteilt wird. Bis zum 6. Monat, spätestens aber zum 9. Lebensmonat sollte eine Entscheidung getroffen werden, ob eine direkte Operation am Plexus brachialis nötig ist.

Zusätzliche Untersuchungen wie die elektrophysiologische Untersuchung der einzelnen Muskeln (EMG) und die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) sollten in dreimonatigen Abständen durchgeführt werden. Bei schweren Verletzungen, die eine operative Behandlung erfordern, können weitere Untersuchungen wie die Darstellung des Rückenmarkkanals (Myelographie), die Computertomographie (CT) oder die Kernspintomographie (MRT) nötig sein, um zusätzliche Informationen zu gewinnen.